Warum Menschen wirklich kündigen – und es nicht (nur) am Chef liegt

Die Vorstellung, dass schlechte Chefs der Hauptgrund für Kündigungen sind, hält sich hartnäckig – schließlich sagt man gern: „Mitarbeiter kündigen nicht den Job, sondern den Chef“. Doch eine neue Untersuchung räumt mit diesem Mythos auf.

Ein Forscherteam analysierte in einer breit angelegten Studie die wahren Gründe hinter Jobwechseln. Dabei zeigte sich: Klar, unangenehme Vorgesetzte können ein Problem sein – aber sie sind längst nicht die alleinigen oder wichtigsten Auslöser für eine Kündigung.

Flucht oder Neuanfang?

Die Wissenschaftler unterschieden zwischen zwei Arten von Kündigungsmotiven: Auf der einen Seite stehen die vermeidungsorientierten Gründe – etwa Stress, schlechte Arbeitsbedingungen oder ein angespanntes Verhältnis zur Führungskraft. Auf der anderen Seite gibt es die annäherungsorientierten Motive, also positive Beweggründe wie mehr Gehalt, bessere Aufstiegschancen oder ein interessanteres Aufgabenfeld im neuen Job.

Besonders auffällig war: In den meisten Fällen war es ein Mix aus mehreren Faktoren, der zur Entscheidung führte – und vor allem Stress am Arbeitsplatz wurde überraschend oft genannt. Der Chef kam im Ranking der Gründe zwar vor, aber landete nur auf dem dritten Platz.

Was Mitarbeiter wirklich sagen – und was nicht

Interessant ist auch, wie unterschiedlich Mitarbeitende über ihre Beweggründe sprechen – je nachdem, wie sie gefragt werden. In persönlichen Austrittsgesprächen mit der Personalabteilung werden häufiger die positiven Aspekte des neuen Jobs hervorgehoben. Kritik am direkten Vorgesetzten bleibt oft unausgesprochen oder richtet sich allgemein an das höhere Management.

Ein möglicher Grund: Viele wollen sich die Tür für eine mögliche Rückkehr offenhalten – schließlich weiß man nie, wann sich die Wege im Berufsleben wieder kreuzen. Zudem zeigt die Studie: Nur rund 60 Prozent der Mitarbeitenden nehmen überhaupt an einem Austrittsgespräch teil. Und selbst wenn, bleibt etwa ein Viertel der wahren Gründe unausgesprochen.

Was Unternehmen daraus lernen können

Wer verstehen will, warum gute Leute gehen, sollte nicht nur auf das Gespräch zum Abschied setzen. Viel wirksamer seien anonyme Umfragen – am besten extern durchgeführt – die ein ehrlicheres Bild liefern.

Fazit: Die Entscheidung zu kündigen ist vielschichtig – und das Bild vom „bösen Chef“ greift oft zu kurz. Wer Mitarbeitende wirklich halten will, muss auf mehreren Ebenen ansetzen.