Emotionale Mitarbeiterbindung auf historischem Tiefstand
Die emotionale Bindung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an ihre Arbeitgeber hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Wie aktuelle Daten aus dem Gallup Engagement Index zeigen, fühlen sich lediglich neun Prozent der Beschäftigten in Deutschland stark mit ihrem Unternehmen verbunden. Dies entspricht einem Rückgang von fünf Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig ist der Anteil der Personen mit einer geringen Bindung auf 78 Prozent gestiegen – ein Anstieg um 11 Prozentpunkte.
Weniger emotionale Bindung, steigende Wechselbereitschaft
Hochgerechnet auf die Gesamtzahl der Beschäftigten in Deutschland bedeutet dies, dass sich im Jahr 2024 fast zwei Millionen Menschen weniger an ihren Arbeitgeber gebunden fühlten als noch 2023. Mit der abnehmenden emotionalen Verbindung geht auch eine erhöhte Wechselbereitschaft einher: Nur noch 50 Prozent der befragten Beschäftigten gaben an, in einem Jahr sicher noch im selben Unternehmen arbeiten zu wollen – ein Rückgang gegenüber den 53 Prozent des Vorjahres. Besonders hoch ist die Bleibewahrscheinlichkeit unter jenen mit starker Bindung: Hier wollen 71 Prozent im Unternehmen verbleiben.
Allerdings bedeutet Wechselbereitschaft nicht automatisch einen tatsächlichen Jobwechsel. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) beträgt die jährliche Fluktuationsrate zwischen 8 und 10 Prozent. Dennoch deuten die aktuellen Zahlen darauf hin, dass Faktoren wie Fachkräftemangel, veränderte Arbeitsmarktbedingungen und individuelle Karriereerwartungen die Bereitschaft zum Stellenwechsel begünstigen.
Innere Kündigung nimmt ab, aber Motivation bleibt aus
Während sich die allgemeine Bindung der Beschäftigten verschlechtert hat, gibt es einen positiven Aspekt: Die Zahl der Menschen, die sich innerlich vom Unternehmen abgewandt haben, ist von 19 auf 13 Prozent gesunken. Dies weist darauf hin, dass gezielte Maßnahmen zur Reduzierung innerer Kündigung Wirkung zeigen. Allerdings gelingt es den Unternehmen offenbar nicht, hoch engagierte Mitarbeitende ausreichend zu motivieren. Führung bleibt oft rein funktional, indem sie vor allem darauf abzielt, Demotivation zu verhindern, statt gezielt emotionale Bindung zu fördern.
Führung als entscheidender Faktor
Ein zentraler Aspekt für die emotionale Mitarbeiterbindung ist die Qualität der Führung. Hier besteht laut den Daten des Gallup Engagement Index erheblicher Verbesserungsbedarf. Nur 21 Prozent der Beschäftigten haben uneingeschränktes Vertrauen in ihre Führungskraft – ein drastischer Rückgang um 20 Prozentpunkte gegenüber 2022. Dies deutet auf eine wachsende Skepsis und Entfremdung innerhalb der Belegschaft hin. Führungskräfte scheinen oft nicht ausreichend auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden einzugehen, sie nur unzureichend in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und wenig für deren emotionale Bindung zu tun.
Ein wirksamer Ansatz zur Verbesserung der Führung könnte eine stärkere Fokussierung auf die individuellen Stärken der Mitarbeitenden sein. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass Beschäftigte, die eine ausgeprägte Stärkenorientierung erleben, achtmal häufiger eine hohe emotionale Bindung aufweisen. Allerdings geben derzeit nur 30 Prozent der Befragten an, dass ihre Vorgesetzten ihre Stärken gezielt fördern.
Maßnahmen zur Förderung der Mitarbeiterbindung
Angesichts der alarmierenden Zahlen sollten Unternehmen gezielt in die emotionale Bindung ihrer Beschäftigten investieren. Zu den vielversprechendsten Maßnahmen gehören eine offene Unternehmenskultur, in der Mitarbeitende ihre Gedanken und Ideen frei äußern können, sowie eine stärkere Einbindung in Entscheidungsprozesse. Ein wertschätzendes Arbeitsumfeld, das Teamarbeit fördert und Anerkennung zeigt, trägt ebenso zur Bindung bei wie gezielte Weiterbildungsmöglichkeiten und Karriereperspektiven. Darüber hinaus kann Flexibilität – etwa durch angepasste Arbeitszeiten oder hybride Arbeitsmodelle – dazu beitragen, die Zufriedenheit und damit die emotionale Verbundenheit der Mitarbeitenden mit ihrem Unternehmen zu erhöhen.
Letztlich zeigt der Gallup Engagement Index, dass Unternehmen, die aktiv in eine mitarbeiterorientierte Führung und Unternehmenskultur investieren, langfristig von einer engagierteren und loyaleren Belegschaft profitieren können.