Wirtschaftsfaktor Wohlbefinden

von Bernd Schuster

Hat Arbeit etwas mit Wohlbefinden zu tun?
Wir arbeiten genau so gut wie, wir uns fühlen. Ganz gleich, ob im Beruf oder privat – der Druck nimmt beständig zu. Jeder soll immer höher, schneller, weiter und dabei immer fitter, positiver und erfolgreicher agieren. Kein Wunder, dass in immer mehr deutschen Unternehmen die lebensnotwenige Ressource „leistungsfähige und motivierte Menschen“ zunehmend seltener und kostbarer wird.

Warum ist das so, trotz viel guten Willens?
Bislang galten Überforderung, Umsatzdruck und Stress in unserem Alltag als normal. Geistige und körperliche Ressourcen wurden verbraucht statt gepflegt. Alte deutsche Tugenden wie Anstrengung und Disziplin haben uns weit gebracht, aber sie sind an ihre Grenzen gestoßen.

Der Versuch deutscher Unternehmen, Mitarbeiter zu Höchstleistungen „zu motivieren“, ist an seine Grenzen gekommen: Viele haben die innere Kündigung abgegeben, die Engagierten brennen aus.

Was tun? Antworten gibt die Positive Psychologie als Wissenschaft der individuellen Potenziale: Sie setzt auf Selbstmotivation statt Fremdmotivation, Selbstfürsorge statt Stressverschleiß, Selbstkompetenz statt Passivität, Chancenorientierung statt Problemfokus. Die Währung der Zukunft heißt Wohlbefinden für Mitarbeiter und Kunden.

Produktivität macht nicht glücklich
Die Glücksforschung hat herausgefunden, dass Investitionen in die Steigerung der Produktivität durchaus zu Erfolgen führen, sich aber nicht endlos steigern lassen. Außerdem fehlt bei dieser Strategie das erhoffte Glück für die Beteiligten. Die Freude über das Erreichte hält oft nur kurz an, denn kaum ist das eine Ziel erreicht folgt schon das nächste.

Stress ist keine Privatangelegenheit
Nach einer Umfrage von www.karriere.at halten 47 Prozent der befragten Manager Stress für eine Privatangelegenheit. Führungskräfte kennen oft ihre eigenen Bedürfnisse kaum und nehmen damit auch die ihrer Mitarbeiter und Partner ausreichend wahr.

In der Konsequenz werden für Gesundheitstage die billigsten, am liebsten kostenlose Angebote gebucht, und Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung fallen in schwierigen Zeiten als erstes dem Rotstift zum Opfer. Nach wie vor herrscht in vielen Köpfen der Glaube, mit "Zuckerbrot und Peitsche" seien Mitarbeiter am besten zu führen, und Produktivität ließe sich dadurch verbessern, dass immer weniger Menschen dank neuer Technologien und Einsparungen immer mehr tun - sie müssten sich nur mehr anstrengen.

Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Stressresistenz wünschen sich alle. Dr. Ilona Bürgel befasst sich mit den Mechanismen, mit denen wir Wohlbefinden, Gelassenheit, Zufriedenheit und Gesundheit hemmen oder fördern können. Sie untersucht, wie Resilienz entsteht und wie man sich und andere zur persönlichen Bestform und zu Stressresistenz führt.

Wohlbefinden macht produktiv
Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass persönliches Wohlbefinden die Arbeitsproduktivität sogar besser ankurbelt als reine Arbeitsfreude. Selbst wenn die Arbeit keinen Spaß macht, wird jemand, dem es gut geht, sie besser erledigen als jemand, der sich schlecht fühlt.

Verantwortlich für das Wohl der Mitarbeiter sind nun keinesfalls die Unternehmen, sondern jeder Einzelne selbst. Viele haben es verlernt, gut für sich zu sorgen. Deshalb muss es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, Menschen wieder dazu zu ermutigen.

Es ist wichtig, wieder an sich selbst zu denken. Davon profitiert nicht nur der Einzelne, sondern alle. Selbstfürsorge und Selbstwertschätzung müssen an die Stelle einer Kultur des sich Verheizens und Dauerbrennens rücken. Unternehmen schaffen hierzu Rahmenbedingungen wie ein Betriebsklima des optimistischen und eigenverantwortlichen Denkens oder eine Kultur des “Wollens“ statt „Müssens“.

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