Lückenloser Lebenslauf? – Langeweile für den Personaler

von Bernd Schuster

Warum Lücken und Brüche für Unternehmen und Bewerber so wichtig sind!

Wer Karriere machen möchte, folgt einer einfachen Formel: Raus aus der Schule, rein in die Uni. Raus aus dem Hörsaal, rein ins Praktikum. Raus aus der Uni, rein in den Job. Das Produkt: Eine Armee von Klonen.

Was unterscheidet die einzelnen Kandidaten da noch von einander? Wie soll ein Personaler hier eine fundierte und an der zukünftigen Entwicklung des Kandidaten ausgerichtete Entscheidung treffen? An der Dezimalstelle der Endnote? Und wie sieht es auf der anderen Seite aus? Glauben die Klon-Studenten wirklich, sie könnten sich so von der Masse abheben?

Es sind die Brüche im Lebenslauf. Es sind die außergewöhnlichen Erfahrungen, die ein Mensch gemacht hat, abseits des Mainstream Karrierepfades. Viel zu riskant? Weniger riskant als weiterhin Monokulturen zu fördern anstatt Unternehmergeist und Risikofreude!

Es braucht Unternehmer – auch im Unternehmen
Fast in jeder Stellenausschreibung wird von den potentiellen Kandidaten „Unternehmergeist“ gefordert – als sei dies ein Seminar, das zwischen Rechnungswesen und Corporate Finance angeboten wird. So funktioniert das aber nicht. Ich behaupte, wer nicht einmal auch nur ansatzweise unternehmerisch tätig geworden ist, hat keine Ahnung, was Unternehmergeist bedeutet.

Unternehmergeist muss gelebt werden. Er wächst mit jedem Fehler, der auf dem Weg zur erfolgreichen Unternehmung gemacht wird. Unternehmergeist ist nicht nur eine Einstellung er ist Erfahrung. Unternehmergeist bedeutet „am Ball bleiben“, „die Zähne zusammenbeißen“ und „Erfolge ausgiebig feiern“ gelebt zu haben. Zusätzlich bedeutet es aber auch, seine eigene Position im Getriebe eines Unterfangens zu verstehen. Zu wissen, welches Rad man als nächstes drehen muss. Es bedeutet, einmal versucht zu haben, einen Hersteller für sein Produkt zu finden, Vertriebskanäle aufzubauen oder einfach ein Event zu organisieren, das am Ende profitabel und erfolgreich sein soll. Es bedeutet ein umfangreiches Wissen über die Zusammenhänge des unternehmerischen Alltags aufzubauen.

Die Unternehmen müssen den ersten Schritt machen
Wenn Unternehmen diese Eigenschaften als wichtig erachten, müssen sie den ersten Schritt machen und konsequent die Geister bedienen, die sie selbst gerufen haben. Wenn sie selbstständige und reife Mitarbeiter wollen, müssen sie Brüche im Lebenslauf in Kauf nehmen. Mehr noch! Sie müssen diese fordern und immer wieder kommunizieren: „Macht mal Pause und etwas Sinnvolles! Versucht ein Unternehmen zu gründen und wenn ihr Erfolg habt, profitieren wir alle. Wenn nicht, umso besser! Kommt zu uns, denn wir brauchen euch auch!“

Das Konzept des Durchlauferhitzers wird langfristig scheitern. Unternehmen, die nur geistlose 1-Komma-Klone einstellen wird etwas Wichtiges fehlen: Herz und Hirn. Unternehmen sind an engagierten, empathischen und aufgeschlossenen Mitarbeitern interessiert – und die erkennt man ganz sicher nicht an den Noten.

Es sind unternehmerische Alleinstellungsmerkmale und Erfahrungen, die sie eines Tages zu richtungsweisenden Persönlichkeiten werden lassen.

Studenten! Denkt eigenverantwortlich und selbstbestimmt!
Sicherlich können die Unternehmen alleine diese Aufgabe nicht bewältigen. Schließlich muss jeder Student selbst entscheiden, welchen Erfahrungen er sich öffnen will und ob diese wertvoll für sein Leben sind. Das große Problem, das besonders bei Bachelorstudenten auftritt, ist aber eine zu große Hörigkeit gegenüber Ratschlägen oder Weisungen von ehemaligen Studenten, Recruitern, Dozenten und Kommilitonen. Das ewige Vergleichen und suchen nach „dem einen richtigen Weg“ führt im besten Fall zum Unipsychologen, denn: Er existiert nicht.

Was sicher ist, ist dass kein Außenstehender verlässliche Ratschläge für die eigene Karriere geben kann. Wie denn auch? Jeder ist individuell und verfolgt seine eigenen Ziele. Es ist die eigene Verantwortung, die Kompatibilität der eigenen Fähigkeiten mit den verfolgten Zielen abzugleichen. Selbst im Bewerbungsgespräch versucht der Personaler lediglich so gut wie möglich zu erraten, ob der Kandidat der richtige für den Job ist.

Wenn sie dann in ein Unternehmen einsteigen, wird von ihnen erwartet, dass sie die Dinge selbst in die Hand nehmen. Sie müssen mit Vorgesetzten zusammenarbeiten und verhandeln, die vielleicht drei Karrierestufen über der eigenen sind – ohne sich gleich ins Hemd zu machen. Es wird aktives und selbstständiges Handeln gefordert. Und wer erst im Unternehmen anfängt diese Dinge zu üben, befindet sich schneller auf dem Abstellgleis als er es für möglich hält. Und dabei geht jeder Personaler davon aus, dass diese Fähigkeiten vorhanden sind. Es wird nicht einmal darüber gesprochen, weil es von so grundlegender Wichtigkeit ist – Paradox aber wahr!

Die Botschaft ist ganz klar: Das ewige Vergleichen und einholen von Meinungen zum eigenen Karrierevorhaben führt zu nichts! Was dem einzelnen am Ende Zufriedenheit verschafft, kann er oder sie nur selbst wissen. Denn nur wer weiß, welche einzigartigen Erfahrungen ihn von seinen Mitbewerbern unterscheiden, kann die eigenen Stärken glaubwürdig präsentieren.

Abgesehen von der „Nützlichkeit“ unternehmerischen Handelns, macht es Spaß! Die Erfahrung zu machen, dass das Studium tatsächliche Relevanz im freien Markt hat, ist überragend! SWOT, BCG Matrix und Business Pläne sind nicht nur eine Art und Weise, Wissen abzufragen – sie machen tatsächlich Sinn! Studenten tun sich selbst einen Gefallen, wenn sie nicht von der Uni gehen, ohne diese Erfahrungen gemacht zu haben. Sie sind unbezahlbar!

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