Agile Führung als Chance
von Bernd Schuster
Betrachtet man die Entwicklung seit 1950, so öffnet sich die Schere zwischen Führungspraxis und Führungsanforderungen seit Jahren immer stärker. Dass Veränderung unabdingbar ist, ist allen Beteiligten klar, mehr noch, viele Führungskräfte wünschen sich den Wandel sogar.
Der typisch deutsche Führungsstil bedeutet einen bestimmenden Nachteil im Wettbewerb um die Gewinnung und Bindung von Talenten. Daher ist es notwendig, Führungskonzepte zu entwickeln die den komplexen Anforderungen der modernen Arbeitswelt und den gesellschaftlichen Veränderungen gleichermaßen gerecht werden.
Wie gute Führung auch morgen gelingt
Die Förderung von Unterschiedlichkeit
Flexibilität und Diversität sind wichtige Erfolgsfaktoren. Dabei kommen beweglichen Führungsstrukturen, individueller Zeiteinteilung und wechselnden Teamkonstellationen eine besondere Bedeutung zu.
Die Fähigkeit zur professionellen Gestaltung ergebnisoffener Prozesse
Durch die Flexibilisierung von Ressourcen nimmt die Bedeutung der Prozesskompetenz zu. Angesichts einer immer stärker abnehmenden Vorhersagbarkeit verspricht strukturiertes Vortasten erfolgversprechender zu sein als die Orientierung an starren Planvorgaben.
Die Förderung sich selbst organisierender Netzwerke
Die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt sind am besten in Netzwerkstrukturen zu lösen: Diese stellen mehr kreative Impulse bereit, beschleunigen Prozesse, haben eine höhere Innovationskraft und verringern Komplexität.
Hierarchische Strukturen haben ausgedient
Hierarchisch steuerndes Management ist ein Modell der Vergangenheit. Steuerung und Regelung sind auf Grund der Komplexität und Dynamik der zukünftigen Arbeitsrealität unangemessen. Langfristig bedeutet das den Abschied von Maßnahmen wie Zielemanagement und Controlling.
Kooperation statt Konkurrenz
Ein primär auf Effizienz und Profitmaximierung ausgerichtetes Management ist nicht mehr zukunftsträchtig. Stattdessen muss die Kooperationsfähigkeit in den Vordergrund gestellt werden.
Persönliches Coaching
Wenn Hierarchien schwinden, ist eine Idee nur dann durchsetzbar, wenn sie mehrheitlich getragen wird. Einfühlungsvermögen, Einsichtsfähigkeit und andere Soft-Skills werden für Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen wichtig. Konstruktiver Austausch, Reflexion und intensive Entwicklungsbegleitung sind in der zukünftigen Arbeitswelt unverzichtbar.
Motivation durch Autonomie und Wertschätzung
Selbstverantwortung, Entscheidungsfreiheit und Wertschätzung sowie der wahrgenommene Sinnzusammenhang einer Tätigkeit werden die Einsatzbereitschaft von Beschäftigten sehr viel stärker bestimmen als bisher. Im Hinblick auf Ihren motivierenden Charakter nehmen materielle Faktoren tendenziell ab.
In zwei Schritten zum Paradigmenwechsel
Schritt 1: Von Management zu Leadership
- Wechsel des Schwerpunktes des Führungshandelns von Effizienz und Ertrag zu Kreativität und
Erneuerung
- Hierarchie, Zielemanagement und Controlling werden ersetzt durch die flexible Organisation in
dezentralen Teams
- Verlagerung des Schwerpunktes von instrumentell geprägter Führung zu Identitätsbildung,
Team-Coaching und Empowerment
Schritt 2: Veränderung der Strukturen und Führungsaufgaben
- Teamstrukturen werden durch selbst organisierende Netzwerke ergänzt oder ersetzt
- Mehr Selbstbestimmung der Mitarbeiter
- Beschleunigung der Unternehmensprozesse
- Raumgebung für kreative Impulse
- Notwendigkeit einer attraktiven Vision und Etablierung verbindlich vereinbarter Regeln
- Führung durch Definition von Rahmenbedingungen und die Vermittlung von
Sinnzusammenhängen
- Intensive, begleitende Reflexion auch für Führungskräfte
Der Weg zum echten Miteinander
Angesichts der Herausforderungen von morgen besteht ein enormer Handlungsdruck auf die heutigen Führungskräfte. Die gute Nachricht ist, dass bei vielen Führungskräften bereits eine große Veränderungsbereitschaft besteht. Dies ist ein positives Signal: Wer, wenn nicht die Führungskräfte selbst, können die Entwicklung vorantreiben. Eine moderne Wirtschaft braucht moderne Führungskultur, die den Mitarbeiter nicht als bloße Arbeitskraft, sondern als Dialogpartner mit Fähigkeiten, Potenzialen und Bedürfnissen sieht.