Auch große Tiere machen Fehler

von Bernd Schuster

Dass auch Führungskräfte Fehler machen ist menschlich. Allerdings trauen sich Mitarbeiter oftmals nicht ihre Chefs darauf aufmerksam zu machen. Das kann Firmen teuer zu stehen kommen, aber es geht auch anders.

Sigmund Freud sagte: "Die meisten Menschen haben das starke Bedürfnis nach einer Autorität, die sie bewundern und der sie sich unterwerfen können, die sie beherrscht und manchmal sogar misshandelt.“. Was bei einem Kind, das von seinen Eltern etwas Gefährliches verboten bekommt, Sinn macht, kann im beruflichen Alltag fatal sein."

Blinder Glaube an Autoritäten
Der blinde Glaube an Autoritäten unterbindet das selbstständige, kritische Denken. Und so lassen sich unternehmerische Entscheidungen, die sich im Rückblick als falsch erwiesen haben, mitunter auf falsch verstandene Autoritätsgläubigkeit der Mitarbeiter oder Führungskräfte zurückführen: Niemand hat der Entscheidung des Chefs widersprochen, weil dieser als die höchste Instanz wahrgenommen wurde.

Aber was passiert, wenn dem Co-Piloten eines Flugzeugs ein Fehler des Piloten auffällt er aber aus Respekt vor dessen Position schweigt? Im Zweifelsfall kostet das Leben. Kein Wunder, dass der Autoritätsgläubigkeit in diesem Bereich inzwischen sogar von gesetzlicher Seite entgegengewirkt wird: Crew-Mitglieder von Fluglinien müssen regelmäßig kommunikative Strategien trainieren, um erkannte Fehler rechtzeitig kommunizieren und damit vermeiden zu können – unabhängig davon, wer sie gemacht hat.

Der Chef hat nicht immer Recht
Eine Studie der Deutschen Lufthansa aus dem Jahr 2000 analysierte rund 1900 sicherheitsrelevante Ereignisse und kam zu dem Schluss, dass Kommunikations- und Gruppenprobleme zwischen den Besatzungsmitgliedern einen wesentlichen Anteil hatten. Und eine Untersuchung von Zwischenfällen bei American Airlines in den 1970er Jahren, laut der in drei Viertel aller Fälle "menschliche Faktoren" eine Rolle bei Komplikationen spielten, brachte das Konzept der inzwischen Crew-Resource-Management (CRM) genannten Trainings überhaupt erst auf den Weg.

In solchen Trainings geht es zunächst um die Frage, wie Menschen miteinander kommunizieren und welchen Einfluss hohe Belastung oder komplexe Arbeitsumgebungen darauf haben. Dabei geht es nicht darum, wer einen Fehler gemacht hat, sondern wie er zustande kommen konnte, ohne dass ihn einer der Beteiligten rechtzeitig bemerkte.

Um Fehler zu vermeiden, muss man das Verhalten von Mitarbeitern und Teamkollegen verstehen, muss man Fehlerquellen erkennen können.

Crew-Resource-Management – auch für Unternehmen tauglich!
Der Gedanke die Prinzipien des CRM auf andere Unternehmen zu übertragen, liegt nahe. Wichtig ist dabei, dass CRM immer sehr zielgruppenspezifisch angepasst werden muss. Ein entscheidender Faktor ist die Komplexität des Arbeitsfeldes.

Ganz wichtig ist, dass die Geschulten positive Erfahrungen mit dem CRM-Konzept im Arbeitsalltag machen. Führungskräfte sind auch hierbei Vorbilder, die die Prinzipien in der eigenen Organisation leben müssen. CRM kann nicht die Kultur verändern die muss schon so weit sein, dass es um Fehlervermeidung geht, statt um die Frage, wer schuld ist.

Die Organisation – Mitarbeiter, Führungskräfte und Unternehmensleitung – müssen also akzeptiert haben, dass Fehler zum Arbeitsalltag dazugehören und dass sie dem Ansehen nicht per se schaden. Oder, wie es der britische Philosoph Bertrand Arthur William Russell einst formulierte: "Wer wirklich Autorität hat, wird sich nicht scheuen, Fehler zuzugeben."

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